Bei digitalen Darstellungsformaten denkt man zunächst meist an Videos, Animationen, schematische Darstellungen oder Bilder. Inzwischen sollte man dabei aber auch Augmented und Virtual Reality im Kopf haben. Verbesserte Bilderkennungsalgorithmen ermöglichen die Augmentierung quasi mit allen Smartphones und in die virtuelle Realität kann man auch mittels Smartphone-App und einer relativ simplen Brille abtauchen. Aber welches Potential bieten diese neuen Darstellungsformate für das Lernen?
Zumindestens für den Bereich der Augmented Reality haben wir uns mit dieser Frage in kleiner Runde auf einem leider wirklich allerletzten Treffen im Rahmen des Kollegs Didaktik:digital beschäftigt. Zu Gast bei Christoph Thyssen an der TU Kaiserslautern ging es los mit einer theoretischen Einordnung und einer Diskussion verschiedener Augmentierungsmöglichkeiten und -ebenen. Dabei kann man theoretisch ganz gut an Theorien aus der klassischen Bereich des Lernens mit Multimedia anknüpfen. Allerdings zeigte das praktische Ausprobieren im Anschluss, dass die AR in manchen Bereichen doch irgendwie anders betrachtet und bewertet werden muss – alleine schon wegen dem notwendigen Medienwechsel vom Realgegenstand zum Bild auf dem Smartphone oder Tablet. In den gezeigten Format bspw. zum Museumseinsatz ist es schon ziemlich eindrucksvoll und kann einen deutlichen Mehrwert bieten. Anschließend ging es mal ans selbstständige Ausprobieren und Erstellen von AR-Elementen mit Aurasma. Geht echt relativ gut, aber in einige kleine Eigenheiten muss man sich dann doch reinfuchsen. Aber um nicht zu viel Überschwang aufkommen zu lassen, haben wir dann direkt auch über Grenzen und Hindernisse diskutiert – da gibt es, insbesondere was Marker, Trigger und intuitive Nutzersteuerung angeht doch ein paar. Auch sollte die Beziehung zwischen Realobjekt und überblendetem Inhalt relativ eng sein – sonst wirkt es schnell wie Spielerei. Und mit Blick auf die Forschung mussten wir dann feststellen, dass wir wieder vor dem Problem stehen, dass wir zwar Lernfortschritte bei Einsatz von gut designter AR messen können, aber eine faire Kontrollgruppe zu konstruieren ist quasi kaum möglich. Ich verändere immer mehrere Variablen und kann nie alle wirklich kontrollieren. Aber naja, jeder der mal gut designte AR gesehen hat wird einsehen, dass das in bestimmten Fällen Vorteile bietet und sicher lernwirksam ist. Allerdings bin ich auch relativ sicher, dass das für Bildung (zumindest in Physik) keine Massenphänomen werden wird, was ich in jeder Unterrichtsstunde eingestetzt werden kann und sollte. Es ist eher was für einige ganz gezielte Einsatzmöglichkeiten, um die Verknüpfung von virtueller Welt und realen Objekten deutlich zu machen. Für VR sehe ich aktuell vor allem in Physik eine sehr breite Einsatzmöglichkeiten und extremes Potential – wenn wir denn in der Lage sind entsprechendes Material zu produzieren. Aber ein VR-Erlebnis in dem man als Elektron durch eine Elektronenkanone, durch ein B-Feld oder ein Zyklotron fliegt ist sicher ziemlich eindrucksvoll und hinsichtliche kognitiver Flexibilität und Bezugssystemwechsel eine Bereicherung.
Kurz: Das Treffen war kurz, aber intensiv, hat einen guten Einblick und interessante Diskussionen gebracht und ich bin jetzt aus didaktischer Sicht definitiv auf dem neuesten Stand, was die neuen Darstellungsformate angeht.